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Thema Gentherapie
I) Chancen und Risiken
Die kürzlich zugelassene Gentherapie auf Basis von Adeno-assoziierten Viren (AAV) für Patienten mit schwerer Hämophilie A verspricht, so die Studienautoren W. Miesbach et al., eine dauerhafte Anhebung des Gerinnungsfaktors. Für die Hämophilie A sind dauerhafte Faktorspiegel bis zu sechs Jahren, bei der Hämophilie B bis zu acht Jahren dokumentiert, schreibt die Arbeitsgruppe weiter. Allerdings könne die Gentherapie wegen der Bildung von Antikörpern gegen AAV nur ein einziges Mal durchgeführt werden. Als häufigste Nebenwirkung der Gentherapie trete eine Immunreaktion mit Erhöhung der Alanin-Aminotransferase (je nach Studie von 17 % bis zu 89 %) auf. Da diese Nebenwirkung mit einer Verringerung des Faktorspiegels einhergehe, erhielten betroffene Patienten eine temporäre Immunsuppression. Die Lebensqualität nach Gentherapie wurde laut Studienautoren, bislang nur an einer kleinen Anzahl von Patienten untersucht. Es habe sich gezeigt, dass Patienten mit Hämophilie A der höchsten Dosiskohorte eine konstante Besserung aller Bereiche im „Haemophilia-Specific Health-Related Quality of Life“ (Haemo-QoL-A) für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren erreichten.
Die Gentherapien sind sehr komplex und interagieren mit Gerinnungsfaktorpräparaten, hinzu kommt der Labortest – aus diesen Gründen empfehlen Wolfgang Miesbach et al. die Therapie in einem damit erfahrenen Hämophiliezentrum durchzuführen. Die Kooperation solle mittels „hub-and-spoke“-Modell erfolgen. Hinter diesem Modell stehe ein abgestuftes und sich teilweise überschneidendes integriertes Versorgungsmodell, in dem das Dosierungszentrum auch das Hämophiliezentrum wäre. Datensammlung und -weiterleitung sollten, so die Autoren, via elektronische Plattformen stattfinden, da die E-Tagebücher hierbei als zentrales Element bei der Koordination zu sehen ist.
Sie möchten mehr wissen? Hier können Sie die komplette Arbeit herunterladen: „Gentherapie der Hämophilie – Chancen und Risiken: Miesbach W, Klamroth R, Oldenburg J, Tiede A: Gene therapy for hemophilia—opportunities and risks. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 887–94. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0353; Manuskript am 10.10.2022 angenommen
II) Startschwierigkeiten in Deutschland
Die Gentherapie für Hämophilie-Patienten sieht sich in Deutschland einigen Herausforderungen gegenüber, so dass nach Erkenntnissen des Redaktionsteams außerhalb der Studien noch kein Patient auf diese neue Therapieform eingestellt wurde. Wohlmöglich auch, weil nicht alle Details zur Kostenübernahme geklärt werden konnten.