Behandlung der Hämophilie

Hämophilie-Therapie

Patienten mit Hämophilie können in Deutschland heute ein fast normales und unbeschwertes Leben führen. Das oberste Ziel der Hämophilie-Therapie ist es, schädigende Blutungen in Gelenken, Muskeln und Organen zu vermeiden.


Die Behandlung der Bluterkrankheit ist dann vielversprechend, wenn sie auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist. Schließlich wollen Sie oder Ihr Kind ein aktives und erfülltes Leben führen, mit allem was dazu gehört:

  • Intaktes soziales Umfeld
  • Freizeitvergnügen
  • Sportliche Betätigungen
  • Erfolg im Beruf

Ein enger Kontakt mit Ihrem Arzt im Hämophilie-Zentrum und regelmäßige Beratungsgespräche sind daher sehr wichtig.

 

Substitutionstherapie mit Faktor VIII

Der Fachbegriff für das bis heute gängigste Verfahren in der Behandlung mittelschwerer und schwerer Hämophilie lautet „Substitutionstherapie“ (Ersatztherapie). Dabei wird der Blutgerinnungsfaktor VIII, den der Körper nicht selbst bzw. nicht in ausreichendem Maß produzieren kann, in die Vene gespritzt (intravenöse Gabe).


Seit rund 30 Jahren kann Faktor VIII gentechnologisch in gleichbleibender Qualität und mit einer hohen Zuverlässigkeit produziert werden. Bei diesen Präparaten wird zur Herstellung des Gerinnungsfaktors kein menschliches Blut benötigt. Diese Faktorpräparate nennt man „rekombinant“. Auch sogenannte plasmatische (aus menschlichem Spenderblut gewonnene) Faktorpräparate stehen für die Substitutionstherapie zur Verfügung.

 

Prophylaktische- und Bedarfsbehandlung mit Faktorpräparaten

Grundsätzlich gibt es zwei Arten der Hämophile-Therapie mit Faktorpräparaten:

  1. prophylaktische Behandlung (vorbeugende Dauerbehandlung)
  2. Bedarfsbehandlung (on demand)

Um die Folgen von Gelenkblutungen so gering zu halten und wenn möglich zu vermeiden, wird die prophylaktische Gabe von Faktor VIII empfohlen (Guidelines). Das bedeutet, dass der FVIII in regelmäßigen, mit dem Hämophiliezentrum abgestimmten Abständen gespritzt wird.


Bei der Bedarfsbehandlung, oder auch on Demand Behandlung, wird der FVIII nach Bedarf gegeben, also bei Blutungen, um diese zu stillen. Von OD spricht mach auch, wenn zusätzlich zur Prophylaxe, FVIII substituiert wird, um den Patienten z.B. vor einer Zahnextraktion oder Operation zusätzlich zu schützen.

 

Prophylaktische Faktor VIII-Therapie bei Hämophilie

Bei der prophylaktischen Behandlung mit Faktor VIII wird dieser regelmäßig gespritzt, zumeist jeden zweiten oder dritten Tag (abhängig von dem verschriebenen Faktor VIII-Produkt). Das Ziel der Prophylaxe ist es den FVIII Talspiegel im Blut bei 3-5% (Guidelines) zu halten. damit Sie oder Ihr Kind vor Blutungen geschützt sind.


Welcher Injektionsrhythmus für Ihr Kind oder Sie der passende ist, wissen die Ärzte im Hämophilie-Zentrum. Sie ermitteln – gemeinsam mit Ihnen – ein optimales und auf Sie abgestimmtes Injektionsschema.

Faktor VIII Aktivität

Im Vergleich zu Hämophilie A-Patienten mit Bedarfsbehandlung haben Prophylaxe-Patienten weniger spontane Blutungen, weniger Schmerzen, weniger Gelenkblutungen und als Folge einen besseren Gelenkstatus.

Je früher mit der Hämophilie-Prophylaxe begonnen wird, desto besser. Aber auch eine später gestartete Prophylaxe ist vorteilhafter für den Gelenkzustand als eine Bedarfsbehandlung.

 

Bedarfsbehandlung mit Faktor VIII-Präparaten

Bei der Bedarfsbehandlung (on demand) wird der Gerinnungsfaktor dann substituiert, wenn er akut benötigt wird. Das kann beispielsweise sein, wenn eine OP kurz bevorsteht oder es durch einen Unfall zu einer akuten Blutung kommt. Die Art der Therapie erhalten in der Regel Patienten mit leichter bis mittelschwerer Hämophilie.

 

Hemmkörper bei Hämophilie

Eine mögliche Komplikation in der Hämophilie-Behandlung mit Faktor-Medikamenten ist die Entwicklung von Antikörpern als Reaktion auf die Gabe von Faktor VIII oder Faktor IX.


Obwohl die meisten Menschen mit Hämophilie auf Faktorpräparate gut ansprechen, kann es bei einem Teil der Patienten passieren, dass ihr Immunsystem so genannte Hemmkörper (Inhibitoren/Antikörper) gegen den Wirkstoff bildet. Aber auch für diese Fälle gibt es heute wirksame Behandlungen. Ihr Arzt im Hämophilie-Zentrum kennt sich mit diesen aus und sollte für Sie der primäre Ansprechpartner sein.

 

Die Hämophilie-Forschung geht weiter

Die Therapie der Hämophilie wird seit Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt. Patienten sollen in der Behandlung entlastet und Folgeschäden weiter verringert werden.

 

Gentherapie: neuer Ansatz bei der Hämophilie-Therapie

Ein neuer Ansatz in der Hämophilie-Behandlung ist die Gentherapie. Sie soll, vereinfacht ausgedrückt, die Zellen eines Patienten dazu befähigen, den notwendigen Gerinnungsfaktor selbst zu bilden. Dabei wird ein funktionsfähiges Faktor-Gen einmalig durch eine Infusion verabreicht.


Eine Gentherapie will im Idealfall erreichen, dass die Faktorkonzentration im Blut des Hämophilie-Patienten über mehrere Jahre so hoch ist, dass kein Gerinnungsfaktor gespritzt werden muss.

 

Faktor VIII mit verlängerter Halbwertszeit

Faktor VIII Präparate mit verlängerter Halbwertzeit können den Zeitraum  zwischen zwei Injektionen verlängern, ohne dass das Risiko für Blutungen steigt. Alternativ kann ein höherer Schutzvor Blutungen bei gleichem Dosierungsintervall erreicht werden. Faktorpräparate mit verlängerter Halbwertszeit bieten daher eine höhere Dosierungsflexibilität: entweder bei gleichem Schutz seltener zu spritzen oder bei gleicher Injektionsfrequenz einen besseren Schutz zu erreichen. Ob ein solches Faktor-Präparat für Sie geeignet ist, besprechen Sie mit Ihrem Arzt im Hämophilie-Zentrum.

 

Antikörpertherapie

Eine weitere Therapieoption ist die Gabe eines monoklonalen Antikörpers. Dieser ahmt die Funktion des Faktor VIII nach und wird als FVIII-Mimetikum bezeichnet. Informationen dazu erhalten Sie bei Ihrem Arzt im Hämophilie-Zentrum.

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